Sprache ohne Worte - Wie unser Körper Trauma verarbeitet und uns in die innere Balance zurückführt

Ein wunderbares Buch, dessen 430 Seiten ich verschlungen habe. Dass die Erläuterungen Peter A. Levines über die Entstehung und die Verarbeitung von Traumen so interessant und spannend sein kann, habe ich mir nicht vorstellen können. Alleine für die Fähigkeit, derart komplexe Zusammenhänge in verständlicher Sprache darzustellen und begreifbar zu machen, verdient dieses Buch einen Stern, wenn ich hier Sterne vergeben würde. 

Das Buch beginnt mit der Beschreibung eines Unfalls, den der Autor am eigenen Körper erlebt hat. Dieser Unfall wird im Verlauf des Buches ein weiteres Mal aufgegriffen mit entsprechenden Erklärungen zu den einzelnen beschriebenen Situationen und Empfindungen, so dass der Leser die Entstehung und die Verarbeitung eines Traumas hautnah miterleben kann. Was in einigen Kapiteln vorher dezidiert erklärt wird, findet hier nun seine praktische Anwendung. 

Spannend und ansprechend finde ich die Sprache Levines. Fast wie eine Erzählung beschreibt er seine Beobachtungen und Entdeckungen, seine Überlegungen und seine Zweifel. Er lässt niemals den Gedanken aufkommen, als Meister auf die Welt gekommen zu sein, sondern betont immer wieder, dass seine Erkenntnisse bezüglich Traumen auf Beobachtung und Forschung beruhen. Außerdem zitiert er zahlreiche andere Therapeuten und Wissenschaftler, deren Arbeitsergebnisse er integriert bzw. zur Diskussion stellt. Seine Bescheidenheit unterstreicht, wie sehr ihm das Thema und die Menschen, die mit schwersten Traumen zu ihm kommen, am Herzen liegen. 

Peter A. Levine schafft es in diesem Buch einerseits sehr sachlich und wissenschaftlich auf Trauma und seine Auswirkungen einzugehen, andererseits macht sein Mitgefühl das Buch zu etwas Besonderem. Beeindruckt hat mich auch, mit welcher Feinfühligkeit und Akribie der Autor als Therapeut die feinsten Reaktionen seiner Klienten beobachtet, und so exakt die Stadien der Verarbeitung eines Traumas erkennen und unterstützend wirken kann. Dabei erklärt er sehr genau die Vorgänge im Gehirn, die unterschiedlichen Hirnareale und ihre entwicklungsgeschichtliche Bedeutung. Alleine die Erklärung, wann welcher Teil des Gehirns wie auf eine bestimmte Situation reagiert, macht ein Trauma greifbarer und verständlicher. 

Im Prinzip ist ein Trauma eine natürliche Reaktion des Körpers, welche aufgrund bestimmter Bedingungen nicht zu Ende geführt werden konnte. Gibt man dem Körper die Möglichkeit, diese Reaktion in einem geschützten Rahmen auszuführen, ohne das Trauma erneut mental durchleben zu müssen, kann eine tiefgreifende Heilung eintreten auf allen Ebenen. 

Levine untermauert seine wissenschaftlichen Erklärungen mit Fallbeispielen aus der Praxis, was das Verständnis für den Leser sehr vereinfacht.

Dieses Buch schenkt mir einen neuen, tieferen Blick auf die Entstehung von Traumen und auch auf deren Heilung durch Selbstregulation des Körpers. Ein Buch, das Mut macht und Hoffnung gibt!